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Gemini kommt ins Android Auto und macht den Bordassistenten endlich nützlich

von ytools
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Gemini kommt ins Android Auto und macht den Bordassistenten endlich nützlich

Gemini fährt im Android Auto vor: Google rüstet den Bordassistenten auf

Wer länger mit Android Auto unterwegs ist, kennt das Gefühl: Der eingebaute Google Assistant war ganz nett für Basisaufgaben, aber selten wirklich brillant. Navigation starten, jemanden anrufen, Musik abspielen – das klappte meistens. Doch sobald eine Anfrage nur ein bisschen komplexer wurde, hagelte es Nachfragen, Missverständnisse und dieses frustrierende Gefühl, gegen eine Wand aus starren Sprachbefehlen zu reden. Jetzt schickt Google seinen neuen KI-Assistenten Gemini ins Rennen und versucht, aus dem etwas hölzernen Bordassistenten einen echten digitalen Beifahrer zu machen.

Gemini ist der generative KI-Dienst, der bereits auf Smartphones und im Web auftaucht und nun direkt ins Auto weiterzieht. Wer ein Android-Smartphone, ein kompatibles Fahrzeug oder Infotainmentsystem und die Gemini-App installiert hat, muss kaum etwas tun: Die gewohnten Auslöser bleiben gleich, etwa der Druck auf die Sprachtaste am Lenkrad oder das Aktivierungswort „Hey Google“. Hinter den Kulissen antwortet aber zunehmend Gemini – mit mehr Kontext, besserem Verständnis und deutlich mehr Freiheitsgraden in der Konversation.

Von starren Sprachbefehlen zu echter Unterhaltung

Die eigentliche Revolution findet nicht im Menü, sondern im Umgang mit Sprache statt. Statt sich zu merken, wie ein bestimmter Befehl exakt formuliert werden muss, spricht man mit Gemini in Android Auto fast so, wie man es auch mit einer echten Person tun würde. Ein Beispiel: Man kann sagen, dass die letzten drei Mails der Chefin kurz zusammengefasst und anschließend ein höflicher Antwortentwurf formuliert werden soll, der erklärt, dass man gerade unterwegs ist und sich abends mit Details meldet. Gemini liest die Nachrichten in Gmail, fasst sie zusammen, erstellt einen Textvorschlag und wartet anschließend auf eine kurze Bestätigung, bevor die Mail rausgeht.

Weil Android Auto so tief im Google-Ökosystem verankert ist, kann die KI Daten aus verschiedensten Quellen zusammenziehen. Auf einer längeren Fahrt lässt sich etwa fragen, ob auf der Route ein Café mit mindestens vier Sternen, aktuell geöffneten Türen und Parkplatz in der Nähe liegt und dieses direkt als Zwischenstopp hinterlegen. Gleichzeitig kann Gemini Nachrichten umformulieren, in eine andere Sprache übersetzen oder den Tonfall anpassen – ohne dass man ständig zum Handy greifen muss. Die Idee dahinter: weniger Ablenkung, mehr erledigte Kleinigkeiten auf dem Weg von A nach B.

Was sich im vernetzten Auto wirklich ändert

Sprachsteuerung im Auto ist an sich nichts Neues. Herstellerlösungen, Siri in Apple CarPlay oder der alte Google Assistant waren lange Zeit mehr oder weniger glorifizierte Sprachmenüs: gut genug für „nach Hause navigieren“, aber schnell am Limit, wenn es um längere Texte, E-Mails, Übersetzungen oder mehrere Schritte hintereinander ging. Man spürte, dass da vor allem eine Sammlung von vordefinierten Kommandos am Werk war, kein echter Gesprächspartner.

Gemini soll diese Grenze verschieben. Statt nur einzelne Anweisungen umzusetzen, hilft die KI dabei, ganze Aufgaben zu beschreiben. Man kann etwa sagen, der Telefontermin um 15 Uhr solle auf morgenvormittag gelegt und die Teilnehmenden kurz informiert werden. Oder man bittet um drei Ideen für einen Pitch zu Elektroautos, die als Notiz gespeichert werden sollen. Besonders Pendlerinnen und Pendler profitieren davon: Die Stunde im Stau wird vom Zeitfresser zu dem, was viele scherzhaft „Done Time“ nennen – eine Phase, in der man Posteingänge leert, Termine sortiert und Gedanken sortiert, statt sich nur über den nächsten Stau zu ärgern.

Gemini gegen Siri und den Rest des Feldes

Apples CarPlay mit Siri bleibt natürlich eine starke Alternative, vor allem für Menschen, die fest im Apple-Kosmos verwurzelt sind. Siri beherrscht die Grundfunktionen – von Musik über Anrufe bis zu Nachrichten – und ist eng in iOS und Apple-Apps eingebunden. Doch gerade bei längeren E-Mail-Ketten, komplizierten Anweisungen oder situationsabhängigen Rückfragen geraten klassische Assistenten schnell ins Schwimmen.

Gemini punktet hier mit seiner generativen KI und dem breiten Zugriff auf Apps und Daten. Die KI kann während einer laufenden Fahrt zwischen Themen hin- und herspringen: vom Kalender zur Navigation, von der Navigation zur Mail-App und wieder zurück, ohne komplett den Faden zu verlieren. Das heißt nicht, dass Android automatisch „besser“ ist, aber in Sachen Konversationsfähigkeit und Vielschritt-Aufgaben setzt Gemini aktuell eine sehr hohe Latte. Für Fahrerinnen und Fahrer, die ohnehin schon mit Google-Diensten leben, ist das ein klarer Mehrwert.

Wenn der Beifahrer zur Datenkrake wird: Privatsphäre-Fragen

Mit all dem Komfort kommt aber auch ein Kloß im Bauch. Je mehr der Assistent kann, desto mehr Einblick erhält er in den Alltag der Nutzerinnen und Nutzer: Mails, Chatverläufe, Kalender, Standorte, Fahrtenverläufe. Für manche klingt das eher nach Soft-Dystopie als nach Komfortfunktion. Der Gedanke, dass eine KI im Armaturenbrett sitzt und immer besser versteht, was man sagt, liest und wohin man fährt, ist nicht für alle nur angenehm.

Datenschutzbewusste Menschen fragen daher zu Recht: Welche Sprachaufnahmen werden gespeichert, und wie lange? Werden Gesprächsschnipsel zu Trainingszwecken von Menschen kontrolliert? Wie gut sind diese Daten vor Missbrauch oder einem Datenleck geschützt? Viele, die hier besonders sensibel sind, weichen schon heute auf Dienste aus, die möglichst wenig Daten sammeln und konsequent verschlüsseln – etwa Proton Mail, das auf Seiten wie proton.me/mail/proton-mail-vs-gmail ausführlich erklärt, wie sich der eigene Ansatz vom Gmail-Modell unterscheidet. Vor diesem Hintergrund wird Google genau erklären müssen, wie Gemini im Auto mit Daten umgeht, wenn der Assistent nicht sofort als rollender Albtraum für die Privatsphäre abgestempelt werden soll.

Mehr KI im Auto heißt nicht automatisch mehr Sicherheit

Der zweite kritische Punkt ist die Verkehrssicherheit. Nur weil man die Hände am Lenkrad lässt, heißt das noch nicht, dass man geistig nicht abgelenkt ist. Eine künstliche Intelligenz, die zu lange, komplexe Gespräche mitten im dichten Verkehr anregt, kann die Aufmerksamkeit genauso zerstreuen wie ein ständig vibrierendes Smartphone. Idealerweise hilft Gemini dabei, Interaktionen zu verkürzen: weniger Tippen auf dem Display, weniger neugierige Blicke auf Benachrichtigungen, weniger Versuchung, doch eben kurz das Handy in die Hand zu nehmen.

Richtig eingesetzt, kann das System also entlasten. Man diktiert eine kurze Antwort, bestätigt einen automatisch erzeugten E-Mail-Entwurf, verschiebt einen Termin – und wendet sich wieder ganz der Straße zu. Falsch genutzt, verwandelt sich der Innenraum dagegen in ein rollendes Großraumbüro, in dem man halb fährt und halb versucht, den Büroalltag per Sprache zu managen. Die Verantwortung liegt sowohl bei Google, das sinnvolle Grenzen und Warnmechanismen einbauen muss, als auch bei den Fahrenden selbst, die sich klarmachen sollten, dass die wichtigste Aufgabe noch immer darin besteht, zwei Tonnen Metall sicher zu bewegen.

Voraussetzungen: Was man für Gemini im Auto braucht

Um Gemini im Android Auto zu nutzen, braucht es kein Technikstudium. Nötig sind ein halbwegs aktuelles Android-Smartphone, ein Google-Konto, die Installation der Gemini-App und ein Fahrzeug oder ein Nachrüstsystem, das Android Auto unterstützt. Sobald Google die Funktion in einer Region freischaltet, wird der bisherige Assistant nach und nach durch Gemini ersetzt – meist ohne großen Tamtam. Die gewohnten Tasten und Sprachbefehle bleiben gleich, nur die Art der Antworten ändert sich.

Viele der spannendsten Funktionen setzen allerdings voraus, dass man bereit ist, Google-Diensten einiges an Vertrauen entgegenzubringen. Wer E-Mail, Kalender und Kontakte bewusst in anderen Ökosystemen hält, wird weniger von der tiefen Integration spüren. Wer aber ohnehin mit Gmail, Kalender und Co lebt, für den wird das Auto immer stärker zum gleichberechtigten Knoten im persönlichen Digitalnetz: Man startet eine Aufgabe zu Hause, führt sie auf dem Weg zur Arbeit fort und schließt sie abends im Homeoffice ab – ohne spürbare Medienbrüche.

Der Blick nach vorn: Das Auto als Teil der eigenen Digitalidentität

Gemini im Android Auto ist deshalb mehr als nur ein Update des Bordcomputers. Es ist ein Vorgeschmack auf eine Zukunft, in der das Auto nicht nur Blech mit Motor ist, sondern ein weiterer Bildschirm, ein weiteres Mikrofon, ein weiterer Sensor im Netzwerk des eigenen Alltags. Für die einen ist das ein Traum: Endlich wird aus Wartezeit produktive Zeit. Für die anderen fühlt es sich eher wie der nächste Schritt in eine Welt an, in der Algorithmen jede Bewegung mitprotokollieren.

Realistisch betrachtet werden wir beides parallel sehen. Manche werden Gemini als Vollzeit-Copiloten nutzen, der Mails sortiert, Ideen sammelt und Termine jongliert. Andere werden die Funktionen bewusst auf das Nötigste beschränken und so viel wie möglich abschalten. Klar ist aber schon jetzt: Die Messlatte dafür, was ein Sprachassistent im Auto können sollte, liegt nach diesem Rollout deutlich höher. Und zurück zum alten, störrischen „Bitte wiederholen“-Assistenten möchte wohl kaum jemand.

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