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Neue Steam Machine: Preisschock, offenes SteamOS und der Streit um die richtige Strategie

von ytools
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Immer wenn Valve neue Hardware ankündigt, stellt sich dieselbe Frage: Ist das jetzt wirklich eine Konsole, ein PC oder irgendein seltsamer Hybrid dazwischen? Bei der nächsten Steam Machine ist das nicht anders – nur dass diesmal vor allem ein Thema die Gemüter hochkochen lässt: der Preis. Noch bevor alle Details offiziell sind, wird über Summen von 700 bis 800 US-Dollar spekuliert, und mittendrin meldet sich Ex-Xbox- und Ex-Blizzard-Chef Mike Ybarra zu Wort.
Neue Steam Machine: Preisschock, offenes SteamOS und der Streit um die richtige Strategie
Sein Appell an Valve: Öffnet SteamOS stärker für Drittanbieter und lasst andere Hersteller ihre eigene Steam-Hardware bauen.

Die Grundidee hinter der Steam Machine ist schnell erklärt: ein kompakter Gaming-PC fürs Wohnzimmer, optisch näher an einer Spielkonsole als an einem klassischen Tower, mit SteamOS als Betriebssystem und direktem Einstieg in die Steam-Oberfläche. Controller in die Hand, Sofa statt Schreibtisch – PC-Gaming im Konsolen-Gewand. Aber während PlayStation und Xbox traditionell mit schmaler oder sogar negativer Marge verkauft werden, um das Geld später mit Spielen und Services wieder reinzuholen, ist ein moderner Mini-PC schlicht teuer in der Herstellung. Genau das sorgt jetzt für Diskussionen.

Preisschock im Wohnzimmer: Konsolen-Erwartung trifft PC-Kosten

Viele Spieler denken bei einem Gerät unter dem Fernseher sofort in Konsolen-Preiskategorien. Ein Grundmodell irgendwo um die 500 Euro, vielleicht etwas mehr für ein Pro- oder Elite-Modell – das ist der Rahmen, den Sony und Microsoft seit Jahren geprägt haben. Die aktuellen PS5-Varianten zeigen das deutlich: verschiedene Konfigurationen, aber alle grob im gleichen, halbwegs erträglichen Preisbereich.

Eine Steam Machine spielt wirtschaftlich in einer anderen Liga. Im Inneren steckt PC-Hardware: dedizierte GPU, CPU, SSD, schnelle RAM-Module, das alles in einem kompakten, gut gekühlten und leisen Gehäuse. Wer jemals versucht hat, einen Mini-ITX-Gaming-PC zu bauen, weiß, wie schnell die Kosten explodieren. Wenn Valve nicht bereit ist, jede verkaufte Konsole querzufinanzieren, bleibt der Verkaufspreis zwangsläufig hoch – und genau hier beißen sich Anspruch und Realität.

Die Community bringt das ziemlich klar auf den Punkt: Ist das Gerät teurer als eine PS5, aber schwächer, sehen PC-Enthusiasten keinen Mehrwert – sie haben ohnehin stärkere Desktop-Rechner. Konsolenfans wiederum fragen sich, warum sie mehr bezahlen sollten für weniger Leistung und ein System, das zwar wie eine Konsole aussieht, aber im Alltag eher wie ein PC behandelt werden will.

Mike Ybarras Vorschlag: SteamOS für viele Boxen statt nur einer

In diese Diskussion platzt Mike Ybarra mit einer Forderung, die auf den ersten Blick charmant wirkt. Seine Idee: Valve soll SteamOS offiziell für eine breite Palette von Partner-Geräten freigeben. Also nicht nur eine einzige Steam Machine aus dem Hause Valve, sondern ein ganzes Ökosystem an Wohnzimmer-PCs, die alle direkt ins Steam-Universum booten – vom günstigen Einstiegsmodell bis hin zur High-End-Kiste.

Der Gedanke dahinter ist simpel: Mehr Wettbewerb beim Hardware-Design könnte die Preise drücken und spezielle Zielgruppen ansprechen – etwa Nutzer, die lieber ein günstigeres, schwächeres Gerät wollen, oder Enthusiasten, die auf maximale Leistung setzen. Valve müsste nicht jede Box selbst bauen, würde aber an jeder verkauften Steam-Spielbibliothek mitverdienen. Für die Firma zählt am Ende jede aktiv genutzte Steam-Installation, egal in welchem Gehäuse sie steckt.

Rückblick: Warum die ersten Steam Machines gescheitert sind

Ganz neu ist dieser Gedanke allerdings nicht. Schon vor rund zehn Jahren hatte Valve die erste Generation an Steam Machines gemeinsam mit Partnern wie Alienware, Zotac und Co. vorgestellt. Die Hardware war teils spannend, das Marketing groß – der Erfolg blieb trotzdem aus. Viele sahen das als Beweis, dass Hardware-Vielfalt im Wohnzimmer-Gaming nicht funktioniert.

Doch die eigentliche Ursache lag weniger im Konzept der Drittanbieter, sondern im damaligen Zustand von Linux als Gaming-Plattform. Ohne Proton war SteamOS stark auf native Linux-Titel angewiesen – und davon gab es im Vergleich zu Windows nur eine überschaubare Auswahl. Wer eine Steam Machine kaufte, stellte schnell fest: Große Teile der Steam-Bibliothek liefen einfach nicht. Eine teure, hübsch designte Box, die viele Lieblingsspiele nicht starten kann, ist am Ende eben doch nur ein schicker Briefbeschwerer.

Heute sieht das Bild ganz anders aus. Proton hat die Lage grundlegend verändert und sorgt dafür, dass die überwiegende Mehrheit der Windows-Spiele unter SteamOS läuft – teils mit erstaunlich guter Performance. Der Erfolg des Steam Deck hat praktisch im Alleingang bewiesen, dass Linux-Gaming keine Nerd-Nische mehr sein muss. Parallel tauchen immer mehr Handheld-PCs und Mini-Systeme auf, die klar auf Steam abzielen, auch wenn sie aktuell oft noch Windows verwenden.

Wie „geschlossen“ ist SteamOS eigentlich wirklich?

Deshalb wirkt es auf viele Beobachter etwas schräg, wenn so getan wird, als sei SteamOS ein hermetisch abgeriegeltes System, das erst durch einen offiziellen Schritt von Valve „geöffnet“ werden müsste. Faktisch gab es die Möglichkeit, SteamOS oder entsprechende Builds herunterzuladen und auf eigener Hardware zu installieren, schon seit Jahren. Wer wirklich will, kann sich seine eigene Steam-Box mit ein bisschen Bastelarbeit längst selbst zusammenschrauben.

Das Problem ist weniger technischer Natur als vielmehr eine Frage der Produktstrategie. Einen Download für Enthusiasten anzubieten ist das eine, gemeinsam mit Herstellern ein fertiges Wohnzimmer-Gerät zu entwickeln, das für den Massenmarkt taugt, etwas ganz anderes. Dann geht es plötzlich um Treiberpflege, Support, Garantiefälle und die Erwartung, dass so eine Box sich im Alltag mindestens so unkompliziert verhält wie eine Konsole, nicht wie ein selbstgebauter PC.

Angst vor Android-Chaos vs. Komfort einer einzigen Marke

Aus Valves Sicht lauert hier ein bekanntes Risiko: Fragmentierung. Lässt man zu viele Hersteller mit zu vielen Konfigurationen auf die Plattform los, kann leicht ein Android-ähnlicher Wildwuchs entstehen. Unübersichtliche Modellvielfalt, schwankende Qualität, uneinheitliche Update-Politik – und am Ende weiß niemand mehr genau, welche Steam-Maschine empfehlenswert ist und welche man besser stehen lässt. Für eine Marke, die stark von Vertrauen lebt, ist das ein echtes Problem.

Umgekehrt hat ein stark kontrollierter Ansatz klare Vorteile. Wenn Valve ein, maximal zwei eigene Steam-Machine-Modelle anbietet, lässt sich die Nutzererfahrung besser steuern. Updates, Treiber, Kompatibilität – alles läuft über eine Hand. Für viele Käufer ist das ein psychologischer Pluspunkt: Geht etwas schief, weiß man, an wen man sich wendet. In der PC-Welt dagegen spielt oft das berühmte „Schuld-Pingpong“: Ist nun die Grafikkarte schuld, das Mainboard, der Treiber oder doch das Spiel?

Windows-Müdigkeit und der Xbox-Traum, der wohl nie kommt

Ybarra nutzt seinen Vorschlag außerdem, um Microsoft einen kleinen Seitenhieb zu verpassen. Aus seiner Sicht wäre es für Xbox langfristig sinnvoller, ein fokussiertes Gaming-System nach SteamOS-Vorbild anzubieten, statt eine immer schwerere Windows-Variante mit Copilot, Teams und diversen Diensten auf alle Geräte zu drücken. Das trifft einen Nerv: Viele PC-Spieler sind von Telemetrie, Werbung im Startmenü und erzwungenen Neustarts inzwischen spürbar genervt.

Realistisch betrachtet ist die Chance aber gering, dass Microsoft diese Kontrolle über Windows aufgibt und sich in die Arme eines Konkurrenten wie Valve begibt. Im Gegenteil: Pläne für zukünftige Xbox-Hardware deuten eher darauf hin, dass die Konsole sich noch stärker Richtung klassischer Windows-PC entwickelt und den Zugang zu mehreren Stores und Launchern ermöglicht – darunter potenziell auch Steam.

Kann die neue Steam Machine überhaupt „scheitern“?

Der vielleicht nüchternste Punkt in der ganzen Debatte ist, dass Valve strukturell ganz anders dasteht als klassische Konsolenhersteller. Für Sony oder Microsoft kann eine schwache Konsolengeneration massiven wirtschaftlichen Schaden bedeuten. Valve dagegen verdient den Löwenanteil seines Geldes mit dem Verkauf digitaler Inhalte. Jede einzelne Box, die SteamOS in ein neues Wohnzimmer trägt, verstärkt dieses Ökosystem – selbst wenn die Stückzahlen am Ende überschaubar bleiben.

Die spannende Frage lautet daher weniger „Wird die Steam Machine ein Flop oder ein Hit?“ als vielmehr: Wie weit möchte Valve das Experiment treiben? Will man nur ein hochwertiges, eher teures Nischenprodukt für Enthusiasten bauen, das den Weg ins Wohnzimmer ebnet? Oder wagt man den zweiten Anlauf für ein breiteres Partnernetzwerk – mit ausgewählten Herstellern, zertifizierter Hardware und klaren Qualitätsvorgaben?

Für Spieler wäre vermutlich ein Mittelweg ideal: eine offizielle Steam Machine direkt von Valve als Referenzgerät, an der sich alles andere messen muss, und zusätzlich ein kleines, kuratiertes Line-up von Partner-Boxen in unterschiedlichen Preis- und Leistungsklassen. Technisch ist das mittlerweile absolut machbar – Proton, Steam Deck und die wachsende Erfahrung mit Linux-Gaming sprechen dafür. Am Ende wird es darauf ankommen, ob Valve bereit ist, alte Fehler nicht nur zu vermeiden, sondern aus ihnen eine echte Alternative zu Windows im Wohnzimmer zu formen.

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