NVIDIA hat mit der RTX 6000D Blackwell eine der ungewöhnlichsten Profi-Grafikkarten der letzten Jahre gebaut. Offiziell gehört sie zur gleichen Blackwell-Familie wie die RTX PRO 6000, praktisch ist sie aber eine bewusst beschnittene Sonderedition nur für China. 
Weniger Kerne, weniger Speicherbandbreite, niedrigere Taktraten – und das alles, damit die Karte haarscharf unter den strengen US-Exportlimits für KI-Hardware bleibt. Für viele Kunden in China wirkt die RTX 6000D daher eher wie ein politisches Produkt als ein klassisches Technik-Upgrade.
Die reguläre RTX PRO 6000 wurde als Allround-Werkzeug für KI, Visualisierung, CAD und High-End-Content-Creation entworfen. Ob Standard-, Max-Q- oder Server-Variante: alle setzen auf denselben Blackwell-Chip der Klasse GB202 mit 188 Streaming-Multiprozessoren (SM), insgesamt 24.064 CUDA-Kernen, 96 GB GDDR7 und einem 512-Bit-Speicherinterface. In der Praxis liegen die Boost-Taktraten deutlich über 2,6 GHz. Die RTX 6000D sieht äußerlich sehr ähnlich aus, nutzt ebenfalls GB202 – nur dass hier fast jede wichtige Kennzahl ein Stück nach unten gezogen wurde.
Warum es überhaupt einen speziellen Blackwell nur für China gibt
Der eigentliche Auslöser für die RTX 6000D sind nicht Marktstudien, sondern Exportregeln. Die USA verschärfen seit geraumer Zeit die Kontrollen auf Hochleistungs-Hardware für KI: Nicht nur reine Rechenleistung zählt, sondern auch Speicherdurchsatz, VRAM-Größe, Interconnect-Bandbreiten und Skalierbarkeit in großen Clustern. NVIDIA kann deshalb seine schnellsten GPUs nicht mehr unverändert nach China liefern, ohne in Konflikt mit den Behörden zu geraten.
Die Antwort des Unternehmens: maßgeschneiderte SKUs, die knapp unter den definierten Schwellenwerten liegen. Die RTX 6000D Blackwell ist genau so ein Kompromiss. Auf dem Datenblatt steht immer noch „Blackwell“ und „6000“, aber unter der Haube wurde der Hahn sichtbar zugedreht. In Enthusiasten-Foren ist von einer „verbotenen 5080 Ti mit 84 GB VRAM“ die Rede: Ein Chip, der eigentlich nach absolutem Monster klingt, hier aber per Design gebremst wird, damit die Excel-Tabellen der Regulierer grünes Licht geben.
Technische Daten: weniger SMs, schmalere Speicheranbindung, auffällige VRAM-Angabe
Schauen wir auf die Spezifikationen. Die RTX 6000D Blackwell nutzt denselben GB202-Chip wie die RTX PRO 6000, allerdings sind nur 156 SMs freigeschaltet. Das ergibt 19.968 CUDA-Kerne – rund 17 Prozent weniger als die 24.064 Kerne des Vollausbaus. In Workloads, die gut mit der Kernzahl skalieren, schlägt sich das fast eins zu eins in der Performance nieder, lange bevor Taktraten oder Speicher eine Rolle spielen.
Beim Speicher wird es richtig interessant. Die normale RTX PRO 6000 bietet 96 GB GDDR7 an einem 512-Bit-Interface und kommt damit auf bis zu 1.792 GB/s Bandbreite. Die RTX 6000D taucht in Tests mit 83 GB VRAM auf – eine Zahl, die so nicht zu gängigen Speicherkonfigurationen passt. Sehr wahrscheinlich steckt in Wirklichkeit ein 84-GB-Ausbau dahinter, basierend auf 3-GB-Chips. Das würde perfekt zu einem auf 448 Bit eingeengten Speicherbus passen und die Bandbreite auf etwa 1.568 GB/s drücken. Offiziell bestätigt NVIDIA das nicht im Detail, aber die Zahlen legen dieses Layout ziemlich klar nahe.
Auch beim Takt wird gedrosselt. Während globale RTX-PRO-6000-Karten problemlos jenseits von 2.600 MHz boosten, wird die RTX 6000D mit rund 2.430 MHz geführt. Für sich genommen ist das kein Drama. Zusammen mit der geringeren Kernzahl und der schmaleren Speicheranbindung rückt sie aber deutlich vom Spitzenplatz ab. Wie hoch die TDP genau ausfällt, ist derzeit nicht eindeutig kommuniziert, doch alles deutet darauf hin, dass die Karte bewusst unterhalb der maximalen Möglichkeiten des GB202 positioniert wurde.
Benchmarks: Geekbench-Leak zeigt spürbare, aber keine katastrophale Lücke
Konkrete Leistungsdaten liefert ein Leak aus Geekbench 6 im OpenCL-Test. Dort erreicht die RTX 6000D rund 390.656 Punkte – und das in einem äußerst potenten System mit zwei AMD EPYC 9654 und insgesamt 192 CPU-Kernen. Die CPU dürfte hier also kaum der Flaschenhals sein, die GPU kann relativ frei arbeiten. Zum Vergleich: eine voll ausgebaute RTX PRO 6000 liegt typischerweise zwischen 450.000 und 500.000 Punkten, abhängig von Plattform und Takt.
Die Lücke von etwa 15 bis 20 Prozent passt exakt zum Bild aus den Spezifikationen: rund 17 Prozent weniger Kerne, leicht reduzierte Taktraten, weniger Speicherbandbreite. In absoluten Zahlen bleibt die RTX 6000D damit eine sehr schnelle Profi-GPU, die viele ältere Generationen locker abhängt. Dennoch bleibt der Beigeschmack, dass hier nicht die Technik der begrenzende Faktor war, sondern politische Rahmenbedingungen.
China-Markt: verhaltener Zuspruch und Fokus auf eigene Lösungen
Im chinesischen KI-Markt löst die RTX 6000D bislang wenig Euphorie aus. Große Player investieren massiv in heimische Beschleuniger, um sich von US-Anbietern unabhängiger zu machen und zukünftige Exportstopps abzufedern. Parallel dazu blüht der Graumarkt: Globale NVIDIA-Beschleuniger gelangen über Umwege ins Land – teurer und mit rechtlichen Risiken, aber oft ohne die künstlichen Limits der offiziellen China-SKUs.
In diesem Umfeld wirkt die RTX 6000D wie ein Zwischenprodukt: gut genug, um bestimmte Projekte abzufangen, aber kaum attraktiv als langfristige Plattform für ganze Rechenzentren. Manche Beobachter fragen sich sogar, ob die Karte doppelt unter Druck geraten könnte – einerseits durch US-Regeln, andererseits durch mögliche eigene Einschränkungen der chinesischen Behörden. Gleichzeitig tauchen immer mehr modifizierte Consumer-GPUs auf, denen mit Custom-Kühlern und höherem VRAM für KI-Einsätze Beine gemacht wird. Solche Bastellösungen wirken fast freier als eine offiziell kastrierte Profi-Karte.
Unter Enthusiasten führt das zu einem gewissen Frust. Sie sehen, dass NVIDIA in relativ kurzer Zeit ein eigenes Modell nur für China auf die Beine stellt, während GeForce-Roadmaps für den Rest der Welt schwammig bleiben und Gerüchte über abgesagte Super- und Ti-Varianten die Runde machen. Der Eindruck: Die spannendsten GB202-Konfigurationen verschwinden in professionellen oder regionalen SKUs, während Spieler mit leichter skalierbaren, aber weniger spektakulären Varianten vorliebnehmen müssen.
Position in der RTX-PRO-Familie
Wer die RTX 6000D einordnen will, muss einen Blick auf die restliche RTX-PRO-Palette werfen. Ganz oben steht die RTX PRO 6000 im Vollausbau: 24.064 CUDA-Kerne, rund 4.000 AI-TOPS, bis zu 125 TFLOPS FP32, 380 TFLOPS Raytracing-Leistung und 96 GB GDDR7 an einem 512-Bit-Interface mit maximal 1.792 GB/s Bandbreite. Die Max-Q-Variante behält Kerne und Speicher, senkt aber die Leistungsaufnahme auf etwa 300 W in einem normalen Dual-Slot-Design, während Extended-Modelle mit bis zu 600 W in Workstations und Servern laufen.
Darunter folgt die RTX PRO 5000 mit 14.080 Kernen und bis zu 72 GB GDDR7 über ein 384-Bit-Interface. Danach kommen RTX PRO 4500 und RTX PRO 4000 auf kleinerem GB203-Chip, mit 10.496 bzw. 8.960 Kernen, 32 oder 24 GB VRAM und schmaleren Bussen. Den Einstieg markiert die RTX PRO 2000 mit 4.352 Kernen, 16 GB GDDR7, 128-Bit-Interface und rund 70 W TDP.
Die RTX 6000D Blackwell sitzt zwischen dem Vollausbau der 6000er und der 5000er: gleicher Chip-Typ wie die RTX PRO 6000, aber mit 19.968 Kernen, ungefähr 84 GB VRAM, 448-Bit-Bus und einem klassischen Dual-Slot-Formfaktor in voller Bauhöhe. Sie ist klar stärker als die RTX PRO 5000, erreicht aber bewusst nicht die globale 6000er – weniger aus technischen Gründen, sondern weil politische Leitplanken die Obergrenze definieren.
| Modell | CUDA-Kerne | VRAM | Speicherbus | Formfaktor | ca. TDP |
|---|---|---|---|---|---|
| RTX PRO 6000 | 24.064 | 96 GB GDDR7 | 512 Bit | Dual-Slot, Extended | bis 600 W |
| RTX PRO 6000 Max-Q | 24.064 | 96 GB GDDR7 | 512 Bit | Dual-Slot, Full Height | ~300 W |
| RTX 6000D Blackwell | 19.968 | ≈84 GB GDDR7 | 448 Bit | Dual-Slot, Full Height | k.A. |
| RTX PRO 5000 | 14.080 | 48–72 GB GDDR7 | 384 Bit | Dual-Slot | ~300 W |
| RTX PRO 4500 | 10.496 | 32 GB GDDR7 | 256 Bit | Dual-Slot | ~200 W |
| RTX PRO 4000 | 8.960 | 24 GB GDDR7 | 192 Bit | Single-Slot | ~140 W |
| RTX PRO 4000 SFF | 8.960 | 24 GB GDDR7 | 192 Bit | Dual-Slot, Low Profile | 70 W |
| RTX PRO 2000 | 4.352 | 16 GB GDDR7 | 128 Bit | Dual-Slot | 70 W |
Was die RTX 6000D über NVIDIAs Prioritäten verrät
Für sich genommen ist die RTX 6000D Blackwell immer noch ein sehr starkes Stück Hardware: viele tausend Kerne, jede Menge VRAM, hohe Bandbreite und ein komfortabler Vorsprung gegenüber älteren Generationen. Gleichzeitig ist sie ein Lehrstück dafür, wie stark Geopolitik inzwischen in die Produktplanung hineinregiert. Statt „ein Topmodell für alle“ entstehen immer mehr regionale Spezialversionen mit künstlichen Limitierungen, deren Hauptzweck nicht technischer, sondern regulatorischer Natur ist.
Für Kunden in China heißt das: Sie kaufen eine offiziell hochpreisige Blackwell-Lösung, wissen aber, dass es außerhalb des eigenen Markts eine schnellere Variante desselben Chips gibt, die sie aufgrund politischer Entscheide nicht bekommen. Für den Rest der Welt nährt die RTX 6000D die Spekulation, was aus diesem GB202-Die als Gaming-Karte möglich wäre – etwa eine hypothetische GeForce mit rund 20.000 Kernen und enorme 84 GB Speicher. Stattdessen landet der Chip in einem eng definierten Profisegment und wird akkurat abgeriegelt, damit niemand über die roten Linien der Exportregeln stolpert.
Kurzfristig hilft diese Strategie NVIDIA, Umsätze in einem riesigen Markt trotz Sanktionen zu sichern. Mittel- bis langfristig könnte sich das Bild drehen: Je stärker China eigene KI-Chips hochzieht und je etablierter Graumarkt-Strukturen werden, desto eher bleiben Produkte wie die RTX 6000D als Randnotiz einer Übergangsphase in Erinnerung – einer Phase, in der Datenblätter nicht nur in Entwicklungsabteilungen, sondern auch in diplomatischen Verhandlungsräumen geschrieben wurden.