Ericsson-Chef Börje Ekholm hat die Lage des US-Mobilfunkmarktes klar eingeordnet – und seine Einschätzung fällt nicht unbedingt schmeichelhaft aus.
Zwar ist der US-Markt für Ericsson der wichtigste weltweit, doch beim Aufbau von echten 5G-Standalone-Netzen (SA) hinken die Vereinigten Staaten deutlich hinter China her.
Während die meisten US-Provider noch auf Non-Standalone-5G setzen, das auf 4G-Infrastruktur basiert, hat China bereits rund 4 Millionen SA-Basisstationen errichtet. Diese Netze verfügen über einen eigenen 5G-Kern, ermöglichen extrem niedrige Latenzen und erlauben Network Slicing – also virtuelle Netzabschnitte, die individuell auf Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit und Latenz zugeschnitten sind. In den USA hat bislang nur T-Mobile ein flächendeckendes 5G-SA-Netz eingeführt und ist damit auch einer der wenigen Anbieter weltweit, der es erfolgreich monetarisiert.
Ekholm betonte, dass Verizon, AT&T und T-Mobile stark auf Ericsson setzen, auch wenn Wettbewerber wie Samsung und Nokia eine Rolle spielen. Er warnte jedoch, dass die USA keine weiteren Verzögerungen beim Ausbau riskieren dürfen, wenn sie technologisch mithalten wollen.
Mit Blick auf das Frequenzmanagement erinnerte Ekholm daran, dass die USA im 4G-Zeitalter Vorreiter waren – ein Grund, warum Plattformgiganten wie Facebook oder Uber dort so stark wachsen konnten. Dieses Erfolgsmodell müsse für 6G wiederholt werden. Für kritische Anwendungen wie autonome Fahrzeuge oder Roboter sei lizenzierter und störungsfreier Zugang zu Spektrum unverzichtbar: „Millisekunden von Ausfällen kann man sich nicht leisten.“
Auch Künstliche Intelligenz war ein zentrales Thema. Laut Ekholm steigert AI schon heute die Spektrumeffizienz um bis zu 10 % und wird die Branche grundlegend verändern. Zwar könnten Arbeitsplätze verloren gehen, gleichzeitig entstünden aber neue Berufsfelder. Er zog den Vergleich zum Internet: Auch das sei einst als „Hype“ abgetan worden, habe sich aber als revolutionär herausgestellt.
Zur Frage, ob EchoStar (Mutter von Boost Mobile) Chancen hat, sich als vierter großer Netzbetreiber neben den „Big Three“ zu etablieren, äußerte sich Ekholm vorsichtig. Erfolg sei nur möglich, wenn EchoStar konsequent disruptiv auftrete – ähnlich wie es T-Mobile unter John Legere vorgemacht habe. Ein weiterer Herausforderer könnte dem US-Markt durchaus guttun, so der Ericsson-Chef.