Startseite » Nicht kategorisiert » Expressive Calling: Wie Google Anrufe auf dem Pixel neu denken will

Expressive Calling: Wie Google Anrufe auf dem Pixel neu denken will

von ytools
0 kommentar 0 ansichten

Die Telefon-App gehört für viele zur langweiligsten Ecke des Smartphones. Man tippt auf das grüne Hörer-Symbol, wählt einen Kontakt, sieht die Anrufliste, hört im Zweifel noch die Mailbox ab – und das war es.
Expressive Calling: Wie Google Anrufe auf dem Pixel neu denken will
Kaum jemand erwartet ausgerechnet hier spannende Neuerungen. Auf Googles Pixel-Smartphones zeichnet sich aber genau das ab: Das Phone by Google entwickelt sich immer mehr zu einem intelligenten Kommunikationszentrum, und ein neues Code-Leck deutet darauf hin, dass klassische Anrufe bald deutlich persönlicher und schwerer zu übersehen werden.

In der Beta-Version 201 der Phone-by-Google-App haben Entwickler versteckte Hinweise auf ein Feature namens Expressive Calling entdeckt, intern mit dem Codenamen expresso versehen. Offiziell hat Google dazu noch nichts verkündet, doch die gefundenen Textstellen sind ziemlich eindeutig: Wer anruft, soll künftig direkt beim Wählen angeben können, warum er anruft und wie dringend das Gespräch ist. Diese Infos werden dann auf dem Bildschirm der angerufenen Person angezeigt, bevor überhaupt abgehoben wurde.

Hinter Expressive Calling steckt eine sehr einfache, aber zeitgemäße Idee: Nicht jeder Anruf hat das gleiche Gewicht. Ein spontaner Plausch mit einer Freundin ist etwas völlig anderes als ein dringender Rückruf vom Arzt oder eine knappe Rückfrage im Job. Statt alle Anrufe gleich aussehen zu lassen, erlaubt das Feature, ihnen einen kleinen Kontext mitzugeben, der auf den ersten Blick zeigt, worum es ungefähr geht.

Im Code tauchen mehrere vordefinierte Gründe für einen Anruf auf, die Nutzer vor dem Wählen auswählen können. Sie lassen sich sinngemäß so übersetzen:

  • Einfach mal wieder quatschen (entspricht Catch up)
  • Ich habe Neuigkeiten (News to share)
  • Nur eine kurze Frage (Quick question)
  • Es ist dringend (It’s urgent)

Diese wenigen Worte können die soziale Dynamik eines Anrufs komplett verändern. Steht auf dem Display Nur eine kurze Frage, sind viele eher bereit, doch kurz ranzugehen, auch wenn sie eigentlich beschäftigt sind. Bei Einfach mal wieder quatschen ist klar, dass es auch später noch passt. Und wenn groß Es ist dringend eingeblendet wird, sendet das ein deutliches Signal: Dieser Anruf ist wichtiger als die meisten anderen Notifications, die im Minutentakt auf dem Handy eintrudeln.

Spannend wird es vor allem beim Umgang mit dringenden Anrufen. Laut den gefundenen Hinweisen erhalten solche Calls einen eigenen Klingelton oder Soundeffekt, der sich klar von normalen Anrufen abhebt. Außerdem sieht es so aus, als könnten als dringend gekennzeichnete Anrufe den aktivierten Nicht-stören-Modus durchbrechen. Wer sein Pixel ständig auf stumm oder in einem Fokus-Modus hat, verpasst damit weniger kritische Anrufe, etwa von Familie oder aus der Arbeit – ohne deshalb wieder ganz auf Ruhe verzichten zu müssen.

Auch wenn der Anruf verpasst wurde, spielt Expressive Calling seine Stärken aus. Statt einer anonymen „Anruf verpasst“-Zeile im Protokoll soll die angerufene Person eine deutlich markierte Benachrichtigung bekommen, die auf einen dringenden verpassten Anruf hinweist. Zusammen mit dem Hinweis auf dem ursprünglichen Eingangsbildschirm entsteht so eine Art zweite Chance: Der Blick aufs Handy macht klar, dass hier etwas Wichtiges untergegangen ist, und motiviert eher dazu, schnell zurückzurufen.

Damit das alles reibungslos funktioniert, wird das Phone by Google laut Leak eine SMS-Berechtigung anfordern. Vermutlich nutzt die App Systemkanäle oder ähnliche Mechanismen, um die Zusatzinformationen rund um den Anruf zu transportieren und korrekt im Benachrichtigungsbereich darzustellen. Für Nutzer, denen Datenschutz am Herzen liegt, ist das ein weiterer Anlass, genauer hinzuschauen, welche Rechte man einer Telefon-App gibt und wofür sie diese tatsächlich benötigt.

Offen ist noch, wer Expressive Calling am Ende überhaupt bekommt. Der bisherige Verlauf spricht eine klare Sprache: Viele der cleveren Telefon-Funktionen von Google – etwa Spam-Erkennung, Anrufschutz oder der Assistent, der Gespräche annehmen kann – starteten exklusiv auf Pixel-Geräten. Es wäre daher wenig überraschend, wenn auch Expressive Calling zunächst oder sogar dauerhaft ein Pixel-Feature bleibt und andere Android-Smartphones außen vor lässt.

Gleichzeitig dürfen solche Code-Funde nicht mit einer offiziellen Roadmap verwechselt werden. Features tauchen in Betas auf, werden intern getestet, umbenannt, verschoben oder in letzter Sekunde gestrichen. Expressive Calling könnte also nur in bestimmten Regionen kommen, mit anderem Namen starten, erst in einer späteren Android-Version auftauchen oder komplett in der Schublade verschwinden. Sicher ist vorerst nur: Google beschäftigt sich intensiv damit, wie sich klassische Anrufe besser an den Alltag der Nutzer anpassen lassen.

Falls das Feature tatsächlich ausgerollt wird, adressiert es ein sehr reales Problem: Viele Menschen haben regelrecht Hemmungen, ans Telefon zu gehen. Zwischen Spam, Cold Calls, Betrugsversuchen und unpassenden Gesprächszeiten wird die rote Ablehnen-Taste immer häufiger genutzt – selbst wenn die Nummer bekannt ist. Ein kurzer Hinweis wie Nur eine kurze Frage oder Es ist dringend kann diese Unsicherheit reduzieren und aus einer anonymen Unterbrechung eine besser einzuordnende Situation machen.

Man muss nicht lange überlegen, um konkrete Szenarien zu finden, in denen das Gold wert ist: Ein Elternteil versucht spät abends das Kind zu erreichen, eine Ärztin ruft mit wichtigen Laborwerten zurück, ein Paketbote steht vor der verschlossenen Haustür. In all diesen Fällen ist es extrem hilfreich, wenn der Anruf sich deutlich von der Masse abhebt, einen speziellen Ton hat und im Nachhinein als verpasster dringender Anruf markiert bleibt.

Gleichzeitig profitieren auch entspannte Gespräche vom neuen System. Wenn auf dem Display steht Einfach mal wieder quatschen oder Ich habe Neuigkeiten, fühlt sich der Anruf weniger aufdringlich an. Man weiß von Anfang an, dass kein Drama wartet, sondern ein lockerer Austausch. Das nimmt Druck aus der Situation – sowohl für die Person, die anruft, als auch für diejenige, die entscheiden muss, ob sie gerade Zeit hat.

Am Ende fügt sich Expressive Calling nahtlos in einen größeren Trend ein: Weg von anonymen, gleichförmigen Interaktionen hin zu Funktionen, die Kontext, Stimmung und Priorität berücksichtigen. Es ist keine spektakuläre Neuerung wie eine komplett neue Kamera oder ein radikales Design-Update, aber genau solche kleinen Verbesserungen bestimmen, wie angenehm sich ein Smartphone im Alltag anfühlt. Wenn Google das Feature wirklich breit auf den Pixel-Modellen ausrollt, haben deren Besitzer ein weiteres Argument, warum ihr Android nicht einfach nur ein weiteres Android ist, sondern ein durchdachtes Ökosystem rund um Kommunikation und smarte Anrufe.

Das könnte Ihnen auch gefallen

Einen Kommentar hinterlassen