Es gibt PR-Pannen, die einer Marke körperlich wehtun – und genau in diese Kategorie fällt der jüngste Aufreger rund um Samsung Singapore. 
Ausgerechnet der offizielle Account der Marke in X, dem früheren Twitter, wird offenbar über ein iPhone betrieben. Für ein Unternehmen, das seit Jahren mit großem Marketingaufwand die Rolle des kompromisslosen Apple-Gegenspielers pflegt, ist so ein Detail mehr als nur eine Randnotiz: Es wirkt wie eine kleine, aber ziemlich deutliche Delle im mühsam aufgebauten Image.
Ans Licht gebracht wurde das Ganze vom X-Profil LeakerApple, das regelmäßig solche Auffälligkeiten sammelt. Wer beim Account von Samsung Singapore in den Info-Bereich blickt, findet dort den Hinweis, dass der Zugang über den Singapore App Store erfolgt. Damit ist ziemlich klar, dass das zuständige Team die X-App aus dem Apple App Store geladen und auf einem iPhone installiert hat – statt auf einem Galaxy-Smartphone oder ausschließlich über ein Web-Interface zu arbeiten. Eine unscheinbare Zeile im Profil, aber im aufgeheizten Klima der Smartphone-Rivalität reicht genau so ein Detail, um eine komplette News-Welle loszutreten.
Natürlich heißt das nicht, dass bei Samsung niemand mehr Galaxy-Geräte nutzt oder heimlich zur Apple-Fraktion übergelaufen ist. Wahrscheinlicher ist ein ziemlich profanes Szenario: Der Account liegt bei einer Agentur oder einem Social-Media-Team, das mehrere Kunden betreut und einfach das Gerät verwendet, das gerade im Alltag am praktischsten ist. Trotzdem zählen in der Außenwirkung nicht diese Grautöne, sondern das Bild nach außen. Wenn eine Marke jahrelang erzählt, wie überlegen und innovativ ihre eigenen Geräte seien, wirkt es einfach unglücklich, wenn der offizielle Auftritt dann iOS-Spuren hinterlässt – und Fans der Konkurrenz bekommen damit gratis Futter für Spott und Memes.
Dazu kommt, dass Samsung solche iPhone-Momente schon mehrfach erlebt hat. Bereits 2018 fielen die offiziellen Accounts des Unternehmens in Nigeria und Saudi-Arabien unangenehm auf: Sie bewarben den Galaxy Note 9, doch in den Metadaten der Tweets war klar zu lesen, dass sie von einem iPhone aus abgesetzt worden waren. Screenshots verbreiteten sich rasant, die Posts mussten gelöscht werden, und die Episode blieb als klassischer Social-Media-Fail hängen. 2021 wiederholte sich das Muster, als ein Teaser für das Galaxy S21 ebenfalls von einem Apple-Gerät aus veröffentlicht wurde. Und 2022 legte Samsung mit einem Werbebanner für die Samsung-Members-App nach, dessen Gerätesilhouette eher nach iPhone aussah als nach einem Galaxy-Modell.
Selbst 2024 schaffte es die Marke, ungewollte Apple-Assoziationen zu erzeugen. Auf einer offiziellen US-Seite war in einem Video ein Mitarbeiter zu sehen, der ein Galaxy Z Flip mit einem Case nutzte, das stark an Apples MagSafe-Design erinnerte. Natürlich haben sich magnetische Zubehörlösungen längst über die Apple-Welt hinaus verbreitet, aber in der Wahrnehmung vieler Nutzer bleibt MagSafe eng mit dem iPhone verbunden. Wenn dann auch noch ein Galaxy-Foldable im quasi Apple-Look auftaucht, verstärkt das den Eindruck, dass Samsung und Apple in einer merkwürdigen Mischung aus Konkurrenz und gegenseitiger Anlehnung unterwegs sind.
Dieses Spannungsfeld sieht man auch bei den großen Produktentscheidungen. Als Apple den klassischen Kopfhöreranschluss aus dem iPhone entfernte, nutzte Samsung diese Entscheidung zunächst für bissige Werbespots und direkte Seitenhiebe. Einige Jahre später verschwanden Klinkenbuchsen dann leise auch aus den Galaxy-Flaggschiffen. Ein ähnliches Drehbuch gab es beim Ladeadapter: Erst wurde die Rivalin dafür kritisiert, das Netzteil aus der Box zu streichen, dann folgte die eigene Umstellung – inklusive ähnlicher Begründungen rund um Nachhaltigkeit und Verpackungsmüll. Für aufmerksame Beobachter wirkt das so, als ob Samsung öffentlich gerne stichelt, sich im Hintergrund aber durchaus am Kurs von Apple orientiert.
Inzwischen spielt ein weiterer Schauplatz eine zentrale Rolle: künstliche Intelligenz und neue Geräteklassen wie smarte Brillen. Berichten zufolge arbeitet Samsung an mindestens zwei Varianten eigener AR- oder KI-Brillen und reiht sich damit in denselben Trend ein, in dem auch Apple mit Mischrealitäts-Produkten und KI-Funktionen ums nächste große Ding kämpft. Parallel dazu verdichten sich Hinweise, dass Samsung den Sprachassistenten Bixby mit Modellen von Perplexity AI aufrüsten möchte, um ihn moderner, dialogfähiger und konkurrenzfähiger zu machen – in einer Phase, in der Apple seine eigene KI-Strategie ebenfalls deutlich ausbaut. Für Kritiker ist das ein weiterer Beleg dafür, dass Samsung nicht nur bei Hardware, sondern auch bei Software-Trends oft dicht an Apples Fersen bleibt.
Gleichzeitig lohnt sich ein Blick auf die Realität hinter den Logos: Social-Media-Manager arbeiten mit vielen Accounts, Agenturen betreuen parallel Kunden aus völlig unterschiedlichen Branchen, und nicht jedes Setup wird perfekt an die Markenbotschaft angepasst. Wer einmal im hektischen Alltag Posts vorausplant, Tools testet und zwischen Geräten wechselt, weiß, wie schnell so ein Detail wie „verbunden über Singapore App Store“ durchrutschen kann. Nutzerinnen und Nutzer interessiert dieser Hintergrund allerdings selten. Sie sehen nur: ein offizieller Samsung-Account, ein Hinweis auf die Apple-Infrastruktur – und schon steht der Stoff für Witze, Diskussionen und neue Screenshots bereit.
Im großen Bild wird diese Episode kaum darüber entscheiden, wer den Smartphone-Markt dominiert oder welche Marke langfristig die treueste Fanbasis hat. Aber sie erzählt eine interessante Nebenstory: Die sauber gezogenen Frontlinien aus der Werbung existieren im Alltag so gar nicht. Menschen, die für Samsung arbeiten, nutzen teilweise iPhones; Menschen, die iPhones bewerben, haben vielleicht privat ein Android-Gerät. Die Panne um Samsung Singapore reiht sich deshalb in eine längere Liste an Momenten ein, in denen die Realität das Hochglanz-Marketing einholt – und sie erinnert daran, dass die Tech-Welt längst nicht so schwarz-weiß ist, wie es Werbespots gerne suggerieren.