In einer Uhrenwelt, die sich in den letzten Jahren wieder auf kleine Durchmesser, gedämpfte Farben und das Schlagwort „Quiet Luxury“ eingeschossen hat, wirkt der Zenith Defy Extreme Lapis Lazuli wie ein bewusst gesetzter Störfaktor. Diese Uhr will nicht brav unter der Manschette verschwinden und auch nicht als liebevolle Vintage-Neuauflage durchgehen. Sie ist ein 45-Millimeter-Bolide aus Stahl und Gold, mit spiegelpolierten Flächen, steinernen Hilfszifferblättern aus Lapislazuli und einem der spektakulärsten Hochfrequenz-Chronographenwerke am Markt. 
Kaum vorgestellt, hat die limitierte Edition die Szene gespalten: Für die einen ist sie herrlich verrückt, für die anderen das Sinnbild eines völlig überdrehten Luxusbegriffs.
Die Defy-Extreme-Familie war von Anfang an als Spielwiese für das Radikale gedacht. Während viele Hersteller sich in immer ähnlicher wirkenden Neo-Vintage-Modellen verlieren, versucht Zenith hier bewusst das Gegenteil: große Gehäuse, kantige Architekturen, exotische Materialien wie Karbon oder mikrogestrahltes Titan und Farbwelten, die ohne falsche Scham mit Marken wie Hublot konkurrieren
. Es gab bereits „Jungle“-Varianten, vollverspiegelte Ausführungen und halbtransparente Experimente. Die neue Lapis-Lazuli-Version schlägt nun eine noch opulentere Richtung ein: weniger taktisches Werkzeug, mehr funkelndes Showpiece für Messestände, Lounges und Social-Media-Feeds.
Design und Proportionen: gebaut, um aufzufallen
Auf dem Papier gibt es keinen Versuch, sich kleinzureden: Der Zenith Defy Extreme Lapis Lazuli misst 45 Millimeter im Durchmesser, ist rund 15,4 Millimeter hoch und trägt integrierte Bandanstöße, die die effektive Länge noch einmal wachsen lassen. An einem schmalen Handgelenk wirkt die Uhr fast wie ein kleines Raumschiff, an einem kräftigen Arm wie ein sehr bewusst gewähltes Statement. 
Wichtig ist dabei, dass die Größe nicht einfach nur „viel Masse“ bedeutet. Zenith nutzt die Fläche, um eine komplexe Geometrie zu inszenieren: Die Basis bildet ein achteckiges Mittelteil, darauf sitzt ein rundes Innenlünette-Element, gekrönt von einer zwölfeckigen Lünette mit sichtbaren Schrauben. Massive Kronen- und Drückerschützer greifen die Linien auf und erinnern eher an Supersportwagen als an klassische Rennchronographen.
Die Bicolor-Konstruktion ist dabei der erste echte Zankapfel. Mittelteil, Innenlünette und Gehäuseboden bestehen aus Edelstahl, während die äußere Lünette und Teile der Kronenflanken in Gelbgold ausgeführt sind. Statt den Stahl matt zu bürsten und das Gold glänzen zu lassen, kehrt Zenith die gewohnte Logik um: Das Gold ist fein sandgestrahlt, nur mit hauchdünnen polierten Fasen an den Kanten, der Stahl hingegen wird zu einem einzigen, großflächigen Spiegelblock. In der Praxis bedeutet das: Die Uhr fängt jedes Licht ein, die vielen Facetten brechen die Umgebung, und je nach Perspektive kann die Defy Extreme Lapis Lazuli fast wie ein Stück verchromte Architektur wirken. Dezent ist das nicht – aber es ist konsequent.
Verarbeitung, Haptik und Alltagstauglichkeit
Wer Politur und Größe per se als „too much“ empfindet, sieht in der Uhr schnell das, wovor er sich fürchtet: Anleihen an die lautesten Jahre der Marke unter Thierry Nataf, eine gewisse Nähe zur „Mall-Watch“-Ästhetik à la Invicta und ein sehr lautes „Schaut her!“
. Andere schätzen gerade dieses Risiko: Lieber eine klar polarisierende Formensprache, als der zehnte, kaum unterscheidbare Stahl-Sporti mit beigefarbener Leuchtmasse. In der Hand wirkt das Gehäuse jedenfalls beeindruckend solide. Die klar definierten Kanten, die sauberen Fasen und der Übergang von polierten zu matten Flächen zeugen davon, dass hier trotz Showeffekt kein billiger Kitsch gebaut wurde.
Technisch unterstreicht die Uhr diesen Eindruck. Der verschraubte Boden trägt ein Saphirglas, durch das sich das Werk betrachten lässt, und die verschraubte Krone hilft, eine Wasserdichtheit von satten 200 Metern zu ermöglichen. Das ist mehr, als viele „Dress-Chronographen“ bieten, die sich sportlich geben. Natürlich wird kaum jemand mit einem limitierten Lapislazuli-Chronographen ernsthaft tauchen gehen, aber es ist beruhigend zu wissen, dass Regen, Pool oder spontaner Sprung ins Meer kein Problem darstellen. Am Handgelenk macht sich das Gewicht bemerkbar, doch durch die geschwungenen Bandanstöße verteilt sich die Masse gut, sodass die Uhr weniger kippelig sitzt, als man anhand der Zahlen vermuten würde.
Lapislazuli auf dem Zifferblatt: königlicher Stein auf futuristischer Bühne
Der eigentliche Star des Auftritts ist jedoch nicht der Stahl, sondern der Stein. Statt eines klassischen Vollzifferblatts setzt Zenith auf das für die Linie typische Skelett-Layout: Eine Struktur aus gebürsteten und polierten Brücken, Rädern und Federhäusern bildet die Bühne, darüber liegen vier kreisrunde Platten aus Lapislazuli. Sie dienen als Hilfszifferblätter und nehmen die Funktionen Minuten-Zähler bei drei Uhr, Chronographensekunden bei sechs Uhr, kleine Sekunde bei neun Uhr und Gangreserveanzeige bei zwölf Uhr auf.
Lapislazuli erlebt seit einigen Jahren ein Comeback in der Uhrmacherei. Der tiefe, königsblaue Ton mit seinen wolkigen Strukturen und den goldfarbenen Einschlüssen aus Pyrit erinnert an antiken Schmuck, an mittelalterliche Pigmente und an die Innenausstattung von Palästen. Die Qualität der hier verwendeten Steine ist sichtbar hoch: Die Platten zeigen eine satte Farbe, eine lebendige Maserung und zahlreiche goldene Sprenkel, die sich wunderbar mit den goldfarbenen Zeigern und den facettierten Stundenindizes verbinden. Blau und Gold ist eine der klassischen Luxus-Kombinationen – und auch im hochmodernen Kontext der Defy Extreme funktioniert sie auf Anhieb.
Genau hier setzen aber viele kritische Stimmen an. 
Auf einer so großen Uhr hätten sich nicht wenige ein vollflächiges Stein-Zifferblatt gewünscht, das die Lapislazuli-Optik in den Mittelpunkt rückt. In der Defy Extreme Lapis Lazuli bleibt der Stein auf vier kleine „Inseln“ beschränkt, der Rest wird von Technik, Skalen und Negativraum dominiert. Aus der Distanz wirkt der Auftritt deshalb mehr nach „Technik-Show mit Farbakzenten“ als nach klassischem Stone-Dial. Der Einwand mancher Sammler: Ein hochwertiges Email in demselben Blauton hätte vielleicht einen ähnlich starken Effekt erzielt, aber ein ruhigeres, aufgeräumteres Gesamtbild ermöglicht.
Ablesbarkeit und Verhalten am Handgelenk
Für einen skelettierten Chronographen schlägt sich die Defy Extreme Lapis Lazuli bei der Ablesbarkeit respektabel. Die breiten, goldfarbenen Stunden- und Minutenzeiger heben sich deutlich vom dunklen Werk ab, unterstützt von einem durchgehenden Außenring mit aufgesetzten Indizes und sauber gedruckter Minuten- und Sekunden-Skala
. Die Uhrzeit lässt sich so schneller erfassen, als die Fotos auf den ersten Blick vermuten lassen. Komplett ohne Kompromisse geht es dennoch nicht.
Der Chronographen-Teil verlangt nämlich eine gewisse Eingewöhnung. Das Layout folgt nicht der klassischen „3-6-9-Logik“, sondern ordnet die Anzeigen leicht anders und kombiniert sie mit der Gangreserve bei zwölf Uhr. Wer die Uhr frisch am Arm trägt, muss mehrfach hinschauen, um sich zu merken, dass bei drei Uhr die Chronographen-Minuten gezählt werden, bei sechs die Chronographen-Sekunden und bei neun die laufende Sekunde. Die Gangreserveanzeige ist minimalistisch, aber gut erkennbar. Auf frühen Mustern gab es Berichte, dass sie nicht immer korrekt arbeitet – ein Hinweis darauf, dass auch Spitzenkaliber im Detail Feintuning brauchen.
El Primero 9004: Hochfrequenz als Spektakel
Im Inneren arbeitet das, was viele an der Uhr am meisten fasziniert: das hauseigene Automatikwerk El Primero 9004. Es ist nicht einfach ein weiterer Schnellschwinger, sondern ein Doppel-Regulator-Kaliber. Die Zeitanzeige läuft mit den für die El-Primero-Familie typischen 36.000 Halbschwingungen pro Stunde, was eine feine Bewegung des Sekundenzeigers und grundsätzlich hohe Ganggenauigkeit ermöglicht. Der Chronograph besitzt hingegen ein eigenes Räderwerk und einen eigenen Hemmungsblock, der mit absurden 360.000 Halbschwingungen pro Stunde arbeitet – also hundert Halbschwingungen pro Sekunde.
Diese Frequenz erlebt man nicht nur auf dem Datenblatt, sondern ganz direkt auf dem Zifferblatt: Betätigt man den oberen Drücker, schießt der zentrale Chronographenzeiger los und umrundet das Blatt in genau einer Sekunde. 
Die Skala am Außenrand ist in Hundertstel unterteilt, sodass sich theoretisch Zeiten auf die 1/100-Sekunde genau ablesen lassen. In der Praxis braucht kaum jemand diese Genauigkeit. Doch genau das macht den Reiz aus: Der Chronograph ist weniger Werkzeug für den Alltag als mechanisches Feuerwerk, das man Freunden demonstriert und sich selbst immer wieder gönnt. Durch den Saphirboden sind zudem der dunkel beschichtete Brückenteil und die beiden getrennten Hemmungen sichtbar, was den High-Tech-Eindruck unterstreicht.
Der Preis dafür ist ein erhöhter Energiehunger. Die nominelle Gangreserve von etwa 50 Stunden bezieht sich auf den Betrieb ohne dauerhaft laufenden Chronographen. Lässt man den zentralen Zeiger permanent im Kreis jagen, leert sich das Federhaus spürbar schneller. Das ist kein Fehler, sondern die logische Konsequenz der extremen Frequenz. Der Defy Extreme Lapis Lazuli ist eben kein Chronograph für den Küchenwecker-Einsatz, sondern eine Demonstration dessen, wie weit man klassische Mechanik treiben kann.
Bandoptionen: drei Gesichter, ein Charakter
Um die Wandlungsfähigkeit der Uhr zu betonen, legt Zenith gleich drei Armbänder bei, alle mit Schnellwechselsystem
. Das auffälligste ist das vollpolierte H-Glieder-Stahlband. In Kombination mit dem spiegelnden Gehäuse entsteht ein einziger, metallischer Panzer, der die „Extrem“-Botschaft maximal verstärkt. Für viele Sammler ist das die konsequenteste, aber auch kompromissloseste Wahl: Man trägt dann bewusst eine Art tragbaren Scheinwerfer.
Auf der anderen Seite des Spektrums steht ein schwarzes Textilband mit Klettverschluss. Es zieht den Defy Extreme Lapis Lazuli optisch in Richtung Tool-Watch und nimmt dem Gesamtbild etwas von der Glitzer-Attitüde. Einige Fans finden gerade diesen Kontrast spannend, andere sehen darin eher einen Bruch: Edelstein-Subdials, Goldakzente und High-Tech-Werk auf der einen, Klettband wie bei einem Einsatz-Chronographen auf der anderen Seite.
Die wahrscheinlich sinnvollste Alltagslösung ist das integrierte schwarze Kautschukband mit Doppelfaltschließe, das auch auf vielen Pressefotos zu sehen ist. Es greift die H-Struktur des Stahlbands in seinem Profil auf, bleibt aber flexibel, komfortabel und vergleichsweise unauffällig. Die Lochung erlaubt eine feine Anpassung an den Handgelenksumfang, die Drücker an der Schließe machen das Abnehmen des stattlichen Gehäuses angenehm einfach. Gleichzeitig sorgt das Kautschukband dafür, dass die Uhr am Arm eher wie ein extrem hochwertiges Sportinstrument wirkt und nicht wie ein reines Schmuckstück.
Preis, Positionierung und die Logik des Online-Luxus
Spannend werden die Diskussionen spätestens beim Preis. Der Zenith Defy Extreme Lapis Lazuli ist auf 50 Exemplare limitiert und liegt bei einer unverbindlichen Preisempfehlung von 33.900 US-Dollar. 
In dieser Region konkurriert er nicht mehr nur mit Stahl-Sportuhren, sondern mit Vollgold-Chronographen großer Namen, teilweise inklusive Goldband. Wer Luxus strikt in Gramm Edelmetall rechnet, wird hier kaum auf seine Kosten kommen und eher die Stirn runzeln.
Doch so funktioniert der Markt inzwischen nur noch selten. In einer Welt, in der Kaufentscheidungen immer häufiger über den Bildschirm laufen, muss ein Luxusprodukt vor allem eines können: Aufmerksamkeit erzeugen, und zwar sofort. Kräftige Farben, extreme Proportionen und markante Texturen funktionieren im Smartphone-Feed deutlich besser als der x-te graue Stahlklassiker. Ein Branchenkenner verglich den Trend mit den ultraweiten Hosen auf den Laufstegen: Jeder weiß, dass die im Alltag kaum jemandem stehen, aber auf Fotos sorgen sie für Gespräche und Klicks – genau das, was viele Marken wollen.
Zenith ist Teil des LVMH-Konzerns und bewegt sich damit in einem Umfeld, in dem Mode- und Schmuckmarken ähnlich laut agieren. Der Defy Extreme Lapis Lazuli ist aus dieser Perspektive ein typischer Halo-Artikel: Er ist dazu da, auf Messen wie der Dubai Watch Week zu glänzen, in Timelines aufzutauchen, Diskussionen in Foren anzuheizen und am Ende von einer sehr kleinen, sehr zahlungskräftigen Gruppe tatsächlich gekauft zu werden. Puristen sehen darin den Beweis, dass die Uhrmacherei sich zu weit vom Gedanken der zeitlosen Gestaltung entfernt. Andere sehen es pragmatischer: Ohne solche Leuchtturm-Projekte gäbe es viele bodenständigere Modelle wahrscheinlich gar nicht.
Fazit: Für Handgelenke, die keine halben Sachen mögen
Der Zenith Defy Extreme Lapis Lazuli wird niemanden bekehren, der große, laute Uhren grundsätzlich ablehnt oder sich eine Rückkehr zur reinen El-Primero-Klassik wünscht. Er ist groß, schwer, ästhetisch aufgeladen und teuer – und macht daraus keinen Hehl. Wer subtile Eleganz sucht, findet sie eher bei den leiseren Linien der Marke oder bei ganz anderen Herstellern.
Für eine andere Zielgruppe ist genau das aber der Reiz. Technisch zählt das El-Primero-9004-Kaliber zu den spannendsten Chronographenwerken, die man heute ohne Sonderanfertigung kaufen kann. Ästhetisch bewegt sich die Kombination aus Lapislazuli, Gold und hypermoderner Gehäusearchitektur in einem Terrain, das kaum ein Wettbewerber beackert. Man kann sich wünschen, dass das Zifferblatt dem Stein mehr Raum lässt, dass die Texturkontraste etwas gebändigt werden oder dass ab Werk ein blaues Lederband beiliegt. Doch als Momentaufnahme einer Branche, in der Inszenierung, Limitierung und Emotion mittlerweile fast so wichtig sind wie Werksdaten, trifft der Defy Extreme Lapis Lazuli den Nerv der Zeit erstaunlich gut.
Am Ende ist diese Uhr für Menschen gedacht, die Freude an Übertreibung haben – und die es genießen, wenn ihr Handgelenk Gespräche auslöst. Unter der Sonne Dubais, im Neonlicht einer Bar oder einfach in der Schlange beim Kaffeeholen: Dieser blau-goldene Brocken wird nicht übersehen. Und für eine sehr kleine Gruppe von Sammlerinnen und Sammlern ist genau das die Definition von moderner Luxusmechanik.